Museum des Nötscher Kreises

Sebastian ISEPP, Bach im Winter, ©Belvedere Wien, Foto; Johannes Stoll

Archiv Ausstellung 2018

SEBASTIAN ISEPP

1884 – 1954

Ausstellung im Museum des Nötscher Kreises
vom 8. April bis 28. Oktober 2018

Leben und Werk

Sebastian Isepp wurde 1884 in Nötsch im Gailtal geboren und ist somit der älteste der Maler des Nötscher Kreises. Obwohl er selbst nur eine relativ kurze Zeit in Nötsch verbrachte und kaum mehr als ein Jahrzehnt als eigenschöpferischer Maler tätig war, bereicherte er den Nötscher Kreis nachhaltig und war ein überaus wichtiger Teil von ihm. Isepps malerisches Œuvre hing aufs Engste mit seiner Nötscher Heimat zusammen, speziell mit dem Gailtal, dessen markante Landschaftsformen, die charakteristische Vegetation und das spezifische Licht dieser Region zu seinen bevorzugten Darstellungssujets gehörten. Schon früh zeigte sich Isepps außergewöhnliches künstlerisches Interesse und Talent und daher begann er 1903 das Studium an der Akademie der bildenden Künste in Wien bei Professor Rudolf Bacher. Als Ergebnis des dortigen Unterrichts können etliche erhaltene Aktzeichnungen sowie eine Reihe von Porträts in Kohle angesehen werden. In ebenfalls vornehmlich naturalistischer Gestaltungsweise sind auch Isepps Bildnisse in Öl aus dieser Zeit gefertigt, wie zum Beispiel das Porträt seines Vaters oder das Bildnis eines Knaben. Gleichzeitig setzte seine intensive Beschäftigung mit der Natur ein und es entstanden frühe atmosphärische Landschaftsbilder, in denen er sich vor allem auf die Schilderung verschiedenster Lichtstimmungen fokussierte. Parallel dazu verarbeitete Isepp aber auch Anregungen aus der Illustrationsgraphik der Wiener Secession, wie beispielsweise im Gemälde „Der blaue Berg“, die ihrerseits wiederum entscheidend vom Japanischen Farbholzschnitt beeinflusst war. Außerdem empfing Isepp einen wesentlichen Impuls von zeitgenössischen skandinavischen Künstlern, insbesondere vom finnischen Maler Akseli Gallen-Kallela, der in seinen Werken ebenfalls wie der Nötscher Künstler die ursprüngliche vom Menschen noch fast unberührte Natur in nahsichtigen Ausschnitten festhielt. Des Weiteren ist in Isepps Œuvre ein Einfluss von Paul Gauguin und der Gruppe der Nabis erkennbar, was zu einer frühen Rezeption internationaler zeitgenössischer Kunstströmungen in Österreich zu rechnen ist. Besonders die Konzentration auf für seine Zeit eher ungewöhnliche Motive wie einsamer Bachufer, knorriger Bäume, bizarrer Felsformationen, unwirtlicher Geröllfelder oder des menschenleeren Waldinneren führten bei Isepp zu herausragenden künstlerischen Ergebnissen. Ein besonderes Spezifikum des Malers waren jedoch seine Winterlandschaften, die schon von seinen Zeitgenossen sehr gelobt und geschätzt wurden und die ihm sogar den Spitznamen „Schneeisepp“ einbrachten. Fasziniert von der farblich reduzierten Natur im Winter, von tief verschneiten Wäldern, mit Raureif bedecken Ästen und vereisten Bächen und Wasserläufen führte seine eingehende Auseinandersetzung mit diesem Genre zu einer eindrucksvollen Spannung zwischen dekorativ-linearer Flächenwirkung und naturnahem Realismus. Als Vorbild hinsichtlich einer Verwandtschaft des Sujets kann der schwedische Maler Gustaf Fjaestad angegeben werden, dessen Werke Isepp sicher aus den Ausstellungen der Wiener Secession gekannt hatte. Mit seinen Winterlandschaften konnte der Kärntner sogar 1911 in der berühmten „Sonderausstellung Malerei und Plastik“ reüssieren, welche von der progressiven „Neukunstgruppe“ um Egon Schiele in den vom Hagenbund angemieteten Räumen der Wiener Zedlitzhalle veranstaltet wurde. Insgesamt war Isepp mit 29 Bildern, verteilt auf zwei Säle, vertreten und dominierte neben Oskar Kokoschka die Ausstellung.

Als anerkannte Künstlerpersönlichkeit war Sebastian Isepp daher von 1908 bis 1918 regelmäßig im Ausstellungsbetrieb der Wiener Secession präsent. Darüber hinaus konnte er sich zu Lebzeiten auch an internationalen Ausstellungen wie zum Beispiel 1912 in Dresden, 1913 in Düsseldorf, 1914 in Rom, 1918 in Zürich und 1920 in Winterthur und Genf beteiligen.
Neben der Malerei galt Isepps Interesse zusätzlich noch dem bildhauerischen und kunsthandwerklichen Bereich. Er fertigte Holzschnitzarbeiten und Skulpturen und da er auch musikalisch war, widmete er sich zusammen mit seinem jüngeren Bruder Hubert dem Bau und der Restaurierung alter Saiteninstrumente. Seine vielseitigen Begabungen machten ihn außerdem zu einem gern gesehenen Gast in den fortschrittlichen Intellektuellenzirkeln Wiens des frühen 20. Jahrhunderts. Er unterhielt zahlreiche Kontakte zu bekannten Persönlichkeiten aus bildender Kunst, Musik und Literatur, wie zum Beispiel zu Eugenie und Hermann Schwarzwald, Berta Zuckerkandl, Rainer Maria Rilke, Egon Wellesz, Carl Zuckmayer, Jakob Wassermann, Adolf Loos oder Hugo von Hofmannsthal. Mit Oskar Kokoschka verband Isepp eine lebenslange Freundschaft. Noch wenige Jahre vor Isepps Tod porträtierte ihn Kokoschka an der Staffelei in seinem Londoner Atelier bei der Begutachtung eines alten Gemäldes. Überdies führte Isepp auch Franz Wiegele und Anton Kolig in dieses kreative Milieu ein und vermittelte ihnen damit viele, interessante Verbindungen.

Nach Ende des 1. Weltkrieges, den Sebastian Isepp als Soldat hauptsächlich an der italienischen Front verbrachte, lenkte er schließlich sein Leben in andere Bahnen. Er konzentrierte sich vermehrt auf das Restaurieren alter Kunst und gab somit, möglicherweise beeinflusst von Zweifeln an den eigenen künstlerischen Fähigkeiten, bedingt durch finanzielle Nöte trotz des öffentlichen Erfolges oder den traumatischen Kriegsereignissen, die eigenständige Malerei gänzlich auf. 1921 verlegte er seinen Hauptwohnsitz nach Wien und begann 1926 mit Unterstützung des Kunsthistorikers Johannes Wilde professionell als Restaurator am Kunsthistorischen Museum in Wien zu arbeiten, wo er bald wegen seiner außerordentlichen Leistungen und seines Feingefühls sehr geschätzt wurde. Er zählte zu den Pionieren, die Röntgenstrahlen zur technischen Untersuchung von Kunstwerken einsetzten, und wandte eine sehr zurückhaltende Restaurierungsweise an. Eine weitere Zäsur brachte das Jahr 1938, als Isepp aufgrund der jüdischen Herkunft seiner Frau Helene, der jüngsten Tochter des Wiener Bankdirektors Paul Hammerschlag, Österreich verlassen musste und nach London emigrierte. Dort sah sich die Familie gezwungen, sich eine neue Existenz aufzubauen. Sebastian Isepp gelang es für die National Gallery und die Royal Collection tätig zu sein und letztlich seine Arbeit als Restaurator auch in England bis zu seinem Tod am 3. Dezember 1954 erfolgreich fortzusetzen.

Kuratorin der Ausstellung: Sigrid Diewald


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