Ausstellung im Museum des Nötscher Kreises
vom 9. April bis 29. Oktober 2017
Eine der wichtigsten Aufgaben des Museums des Nötscher Kreises stellt neben der Präsentation der Werke von Sebastian Isepp (1884-1954), Anton Kolig (1886-1950), Franz Wiegele (1887-1944) und Anton Mahringer (1902-1974) das Aufzeigen der vielfältigen Kontakte dieser Künstler zur kulturellen Szene ihrer Zeit dar. Infolgedessen wurden ihre Verbindungen zu bedeutenden Persönlichkeiten der 1. Hälfte des 20. Jahrhunderts wie beispielsweise Carl Moll, Gustav Klimt, Clemens Holzmeister oder Egon Schiele und Oskar Kokoschka bereits mehrfach untersucht und publiziert. Allerdings tauchten in den Briefwechseln der Nötscher Künstler oder bei der Recherche ihrer Biografien regelmäßig und gar nicht selten Namen von Künstlerinnen auf und wiesen auf Kontakte der Nötscher Maler auch zu weiblichen Kunstschaffenden hin. Gerade zu Beginn des 20. Jahrhunderts, als die Künstlervereinigungen durchwegs Männerzirkel waren, und Leistungen von Frauen meist nur am Rande erwähnt oder das Ausüben von künstlerischen Tätigkeiten als Liebhaberei und Hobby abgetan wurden, fällt dieser Umstand als Besonderheit auf. Daher beschäftigt sich die aktuelle Ausstellung im Museum des Nötscher Kreises mit diesem bisher nicht erforschten Thema und möchte damit einen repräsentativen Einblick sowohl in die Beziehung von Cornelia Gurlitt, Rose Sommer-Leypold, Maria Lassnig, Lisl Engels-Cech, Hilde Frodl und Regina Mahringer-Peschges zu den Nötscher Künstlern als auch in das Œuvre jener Künstlerinnen bieten. Eine Auswahl von über 50 Bildern verdeutlicht stilistische Gemeinsamkeiten als auch künstlerische Gegensätze zwischen den weiblichen Kunstschaffenden und den Nötscher Malern und dokumentiert, ergänzt durch zeitgenössische Autografen und Fotografien, ihre Verbindungen zueinander. Waren einige der Frauen Schülerinnen von Anton Kolig, wie Rose Sommer-Leypold, Regina Mahringer-Peschges oder Hilde Frodl, so kamen andere auf Besuch, um sich künstlerischen Rat und Anregungen in Nötsch zu holen, wie z. B. Lisl Engels-Cech oder die junge Maria Lassnig. So unterschiedlich der persönliche Lebensweg dieser Künstlerinnen auch verlaufen ist, gemeinsam ist ihnen allen ihre zeitlebende Verbundenheit gegenüber den Künstlern des Nötscher Kreises.
Raum 1
Auf seine Freundschaft zur Künstlerin Cornelia GURLITT (1890-1919), Tochter des angesehenen Dresdener Kunsthistorikers und Architekten Cornelius Gurlitt, nahm Anton Kolig in seinen Briefwechseln immer wieder Bezug. Im Sommer 1913 trafen sich die beiden in Berlin und im gleichen Jahr besuchte die Dresdener Malerin Kolig in Paris. Überliefert ist auch, dass Cornelia Gurlitt das 1915 entstandene „Erste Selbstbildnis“ von Anton Kolig besaß und dass sie 1916 mit ihm Zeichnungen austauschte. Aus Anlass ihres tragischen Freitodes widmete ihr Kolig seine bewusst zum Hauptwerk gesteigerte letzte Fassung des Motivs des liegenden männlichen Aktes mit dem Titel „Die Klage“. Noch 1923 schrieb der Künstler an seine Frau Katharina: „Ich weiß nicht, wie Du Liebste damals mein Verhältnis zu Cornelia genommen hast – jedenfalls bin ich zu spät gekommen, um zu verhindern, dass sie sich Leid angetan hat.“
Rose SOMMER-LEYPOLD (1909-2003) hingegen lernte Anton Kolig an der Kunstakademie in Stuttgart kennen, als sie 1930 von der Zeichenklasse bei Prof. Hans Spiegel in Koligs Malklasse wechselte. Der Unterricht bei Kolig begeisterte die Schülerin rasch und prägte sie nachhaltig. Aufgrund der schweren Wirtschaftskrise entschied sich Rose Sommer-Leypolds Vater 1933 einen Gärtnerhof mit Pension in Immenstaad am Bodensee aufzubauen, und daher musste sie von 1933 bis 1940 ihr Studium an der Stuttgarter Akademie ruhen lassen. Schließlich wurde sie 1941 Meisterschülerin und persönliche Assistentin Anton Koligs. Mit seiner Entlassung 1943 beendete auch die Malerin ihre Ausbildung an dieser Institution. Bis zu seinem Tod 1950 führte Kolig einen regen Briefwechsel mit ihr, der einen interessanten Einblick in künstlerische Belange und persönliche biografische Umstände gab sowie den Alltag eines Künstlers in Kriegszeiten schilderte.
Raum 2
Auch die junge Maria LASSNIG (1919-2014) suchte den Kontakt zu den Künstlern des Nötscher Kreises. Im Sommer 1943 besuchte sie zusammen mit ihrem Studienkollegen Rudolf Wohlmuth Franz Wiegele in seiner Jagdhütte im Kesselwald. Bei dieser Gelegenheit zeigte sie ihm ihr Ölbild „Bauernmädchen“ und versah es rückseitig mit dem Kommentar: „1943 von Wiegele sehr gelobt.“ Wieder nach Wien zurückgekehrt schickte sie ihm einen Brief mit einigen beigelegten Fotos ihrer Arbeiten mit der Bitte um seine Meinung und Beurteilung. Ein Jahr später lud Wiegele Maria Lassnig ein, ihn neuerlich zu besuchen. Ebenfalls durch Briefe dokumentiert ist Lassnigs Bekanntschaft mit Anton Kolig, den sie gleichfalls in Nötsch aufsuchte und mit dem sie sich künstlerisch austauschte.
Raum 3
Über Vermittlung Bohdan Heřmanskýs bot sich im Sommer 1942 der aus Mödling bei Wien stammenden Künstlerin Lisl ENGELS-CECH (1916-2006) die Möglichkeit eines ersten Treffens mit Franz Wiegele in Nötsch. In ihren Tagebuchaufzeichnungen schilderte sie jene entscheidende Begegnung, bei der die beiden nicht nur anregend über Malerei sprachen, sondern auch zusammen den Roten Graben aufsuchten und gemeinsam arbeiteten. Auch Anton Kolig und Anton Mahringer lernte die Künstlerin kennen. Lisl Engels-Cech kam im Laufe ihres Lebens immer wieder gerne ins Gailtal, um mit den Nötscher Künstlern wertvolle Fachgespräche über Malerei zu führen.
Raum 4
Regina MAHRINGER-PESCHGES (1908-1984) ist vor allem als Ehefrau Anton Mahringers bekannt, den sie 1932 geheiratet hatte. Allerdings war auch sie künstlerisch tätig und studierte bei Anton Kolig an der Akademie in Stuttgart. Auf späteren Kunstreisen zusammen mit ihrem Gatten hielt sie öfter die gleichen Motive fest wie Anton Mahringer selbst.
Im Herbst 1947 kam die aus Graz stammende Hilde FRODL (1911-1978) nach Nötsch, um sich bei Anton Kolig in der Ölmalerei ausbilden zu lassen. Sie hatte in Graz die Kunstgewerbeschule besucht, an der sie von 1932 bis 1938 als Lehrerin der Fachklasse für Stoffmalerei tätig war. Durch ihre Heirat mit dem Kunsthistoriker Walter Frodl 1938 zog sie schließlich nach Kärnten. Außerdem pflegte Hilde Frodl regelmäßig Kontakt zu Anton Mahringer, durch den sie wichtige Impulse erfuhr.
Kuratorin der Ausstellung: Sigrid Diewald