Museum des Nötscher Kreises

Anton KOLIG, Kindergruppe vor dem Fenster, 1911, Privatbesitz (Ausschnitt)

Ausstellung 2023 – 25 Jahre Museum des Nötscher Kreises

IMPRESSIONEN

Ausstellung im Museum des Nötscher Kreises vom
23. April bis 29. Oktober 2023

Am 16. Mai 1998 wurde in der Gemeinde Nötsch im Gailtal im 1. Stock des Geburtshauses des Malers Franz Wiegele das Museum des Nötscher Kreises eröffnet, um das Œuvre der Vertreter dieser Künstlergruppe der Öffentlichkeit zugänglich zu machen, ihr Leben zu dokumentieren und einen Einblick in ihre zahlreichen Verbindungen zur Kunstszene ihrer Zeit zu gewähren. Seither beschäftigt sich das Museum des Nötscher Kreises in jährlich wechselnden Ausstellungen mit der Bedeutung, Positionierung, Wirkung und Nachhaltigkeit jener Malergruppierung. Den besonderen Reiz dieser losen Gruppe von befreundeten Malern, die einerseits in Nötsch geboren wurden oder andererseits von auswärts hierher gezogen sind und dieses Alpendorf trotz längerer Phasen der Abwesenheit und wiederholter Auslandsaufenthalte zu ihrem wichtigsten Lebens- und Arbeitsbereich gewählt hatten, macht vor allem die Ausdrucksvielfalt und Individualität der Protagonisten aus. Es wurde hier keine gleichartige Kunstauffassung oder ein einheitlicher Stil kultiviert, sondern höchst unterschiedliche Malerpersönlichkeiten standen in einem differenzierten, sich überdies wandelnden Verhältnis zueinander, das sowohl durch gegenseitige Anregungen und Anziehung als auch durch zeitweise Spannungen gekennzeichnet war. Gemeinsam ist den Vertretern des Nötscher Kreises jedoch ihre Begeisterung für die sinnliche Kraft der Farbe und die hohe Qualität ihres künstlerischen Schaffens, mit dem sie die österreichische Kunst der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts entscheidend mitgestalteten.

Raum 1
Der Älteste unter den Künstlern des Nötscher Kreises war der 1884 in Nötsch geborene SEBASTIAN ISEPP. Er begann 1903 bei Prof. Rudolf Bacher an der Akademie der bildenden Künste in Wien zu studieren und machte innerhalb eines Zeitraumes von etwas mehr als 10 Jahren eine intensive stilistische Entwicklung durch. Lag Isepps künstlerische Intention anfänglich noch auf der Betonung der atmosphärischen Wirkung und Schilderung verschiedenster Lichtstimmungen, so verarbeitete er bald auch Anregungen aus der Illustrationsgrafik der Wiener Secession. Außerdem empfing der Maler einen wesentlichen Impuls von zeitgenössischen skandinavischen Künstlern. Darüber hinaus ist in Isepps Œuvre ein Einfluss von Paul Gauguin und der Gruppe der Nabis erkennbar.
Sebastian Isepp war in erster Linie Landschaftsmaler. Zu seinen bevorzugten Darstellungssujets gehörten die eindrucksvollen Landschaftsformen und die charakteristische Vegetation des Gailtales. Dabei repräsentierten seine außergewöhnlichen Winterlandschaften, mit denen er schon bei seinen Zeitgenossen Aufsehen erregte und ihm den Spitznamen „Schneeisepp“ einbrachten, ein besonderes Spezifikum des Künstlers. Fasziniert von der farblich reduzierten Natur im Winter, von tief verschneiten Wäldern, mit Raureif bedeckten Zweigen und vereisten Bächen, führte seine intensive Beschäftigung mit diesem Genre zu einer eindrucksvollen Spannung zwischen dekorativ-linearer Flächenwirkung, naturnahem Realismus und pastoser Pinselsprache.
Zudem war der vielseitig begabte Künstler bereits in jungen Jahren ein gern gesehener Gast in den fortschrittlichen Intellektuellenzirkeln Wiens des frühen 20. Jahrhunderts und seine zahlreichen Kontakte ermöglichten den Protagonisten des Nötscher Kreises interessante Verbindungen zu bekannten Personen der damaligen Kulturszene. Des Weiteren dürfte Isepp auch das künstlerische Talent seines Nötscher Jugendfreundes FRANZ WIEGELE (1887-1944) gefördert haben, und er überzeugte ihn, zur Ausbildung ebenfalls an die Akademie der bildenden Künste in Wien zu gehen. Dort freundeten sich die beiden Nötscher mit dem aus Neutitschein in Mähren stammenden ANTON KOLIG (1886-1950) an, der 1911 Wiegeles Schwester Katharina heiratete.
Nach 1918 verlagerte Isepp seinen Arbeitsschwerpunkt fast abrupt auf das Restaurieren alter Kunstwerke und gab seine eigene malerische Produktion schließlich auf. Er war als anerkannter Restaurator am Kunsthistorischen Museum in Wien tätig, bis er 1938 aufgrund der jüdischen Herkunft seiner Frau Helene zur Emigration gezwungen wurde. Sebastian Isepp verstarb 1954 siebzigjährig in London.

Raum 2
Franz Wiegele und Anton Kolig setzten sich in ihrem Werk vorwiegend mit der Darstellung des Menschen auseinander. Beide Künstler beschäftigten sich zeitlebens mit der Porträtmalerei und schufen dabei Bildnisse von besonderer Ausdruckskraft. Eine Auswahl einzelner repräsentativer Arbeiten dieses Sujets soll ihre stilistische Entwicklung und verschiedene biografische Stationen dokumentieren, wie zum Beispiel Wiegeles „Afrikanisches Mädchen“, ein Zeugnis seiner Nordafrikareise, die ihn nach Algerien und Marokko führte. Zudem werden durch die direkte Gegenüberstellung der Werke dieser Maler ihre unterschiedliche Herangehensweise und künstlerische Auslegung des Themas sichtbar.

Raum 3
Von besonderer Relevanz für die überregionale Bedeutung des „Nötscher Kreises“ waren Anton Koligs kunstpädagogische Vorstellungen von einer eigenen Malschule nach dem Vorbild einer mittelalterlichen Werkstatt oder einem Künstleratelier der Renaissance, die er in Nötsch zu realisieren versuchte. Er wollte ein Kollektiv gründen, in dem er als Meister einer kleinen Gruppe von Schülern die Grundlagen der Kunst vermittelte und Franz Wiegele als zusätzlicher Lehrer die Ausbildung ergänzen sollte. Ab 1920 kam erstmals GERHART FRANKL (1901-1965) als Malschüler nach Nötsch, 1921 folgten ihm THEODOR HERZMANSKY (1900-1974) und 1922 dessen Schulfreund JOHANN WOLFGANG SCHAUKAL (1900-1981). Gemeinsam wurde in dem als Atelier angemieteten Festsaal des Gasthofes Michor gearbeitet, durch das Studium des Aktes wurde die künstlerische Erfassung des menschlichen Körpers perfektioniert und anhand von Stilleben die Relation der Farbwerte zum Raum erörtert. Aufgrund finanzieller Probleme und aufgetretener Spannungen zwischen Kolig und seinen Schülern hielt diese Schulgemeinschaft jedoch nur wenige Jahre.

Raum 4
Um seiner pädagogischen Berufung wieder nachgehen zu können, nahm Anton Kolig 1928 eine Professur an der Württembergischen Kunstakademie in Stuttgart an. Unter seinen Studenten befand sich der junge Schwabe ANTON MAHRINGER (1902-1974), der im Zuge einer Studienexkursion erstmals nach Nötsch kam. Fasziniert von der markanten alpinen Landschaft des Gailtales siedelte er sich 1931 gänzlich in dieser Region an, um mittels der vielfältigen, reizvollen Landschaftsmotive eine eigenständige malerische Formensprache zu entwickeln. Anfangs noch einer expressiven, äußerst pastosen Malweise verpflichtet, hellte sich seine Farbpalette bald immer mehr auf. Die Darstellung des Lichtes gewann zunehmend an Bedeutung für seine Bildfindungen, eine Thematik, die er mit Franz Wiegele teilte und von dem er wichtige Impulse empfing. Neben der Landschaft widmete er sich auch immer wieder dem Porträt, wobei er vor allem Familienmitglieder oder Bekannte aus der lokalen Bevölkerung festhielt. Die charakteristischen Eigenheiten der Modelle erfasste er dabei überaus sensibel.

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Kuratorin der Ausstellung: Sigrid Diewald

IMPRESSIONEN_Folder_2023
Folder Ausstellung 2023 (pdf)