ARNOLD CLEMENTSCHITSCH und der NÖTSCHER KREIS
Ausstellung im Museum des Nötscher Kreises
vom 10. April – 30. Oktober 2016
Der bedeutende Villacher Künstler Arnold Clementschitsch (1887 – 1970) gehörte der gleichen Generation an wie drei Vertreter des Nötscher Kreises, Sebastian Isepp (1884 – 1954), Anton Kolig (1886 – 1950) sowie Franz Wiegele (1887 – 1944) und leistete mit seinen Straßenbildern, Polospielern, Porträts und Landschaftsdarstellungen einen wesentlichen Beitrag zur Kärntner Malerei der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts. Die geografische Nähe während des Studiums und der künstlerischen Schaffensperiode führte zwar zu keinem sehr engen Kontakt zwischen Clementschitsch und den Vertretern des Nötscher Kreises, jedoch kam es immer wieder zu Begegnungen, kollektiven Ausstellungsbeteiligungen und gemeinsamen Verbindungen durch dieselben Mäzene und Förderer.
Die in Kooperation mit dem Museum Moderner Kunst Kärnten/MMKK in Klagenfurt entstandene Ausstellung möchte in einer visuellen Gegenüberstellung von rund 50 Gemälden von Arnold Clementschitsch und den Künstlern des Nötscher Kreises, die aus Privatbesitz und bekannten in- und ausländischen Sammlungen als Leihgaben zur Verfügung gestellt wurden, sowohl Gemeinsamkeiten als auch Unterschiede zwischen diesen für Kärnten wichtigen Malerpersönlichkeiten transparent und ihre künstlerischen Positionen deutlich machen.
Da es in Kärnten keine Möglichkeit einer akademischen Ausbildung für Maler gab, zog es Sebastian Isepp 1903 an die Akademie der bildenden Künste in Wien, vier Jahre später folgte auch sein Nötscher Freund Franz Wiegele nach. Dort begegneten die beiden dem aus Neutitschein in Mähren stammenden Anton Kolig, der von 1904 bis 1906 zusammen mit Oskar Kokoschka die Kunstgewerbeschule in Wien besucht hatte, und 1907 zur Akademie der bildenden Künste wechselte. Es entwickelte sich rasch eine intensive Freundschaft zwischen den jungen Künstlern, die gemeinsame Aufenthalte in Nötsch zur Folge hatte. Auch der Kärntner Arnold Clementschitsch verbrachte von 1906 die Jahre bis 1911 in Wien, zuerst noch als Volontär in der Wechselbank von I. H. Singers Nachfolger am Schottenring, danach als Kunststudent, anfangs in der Graphischen Lehr- und Versuchsanstalt, ab 1909 an der Akademie der bildenden Künste und abschließend 1910 an der Kunstgewerbeschule. Gemeinsam ist den ersten Werken dieser vier Künstler die Prägung durch eine den realistischen Tendenzen des ausgehenden 19. Jahrhunderts verpflichteten Malerei, stilistische Affinitäten zur Wiener Secessionskunst sowie ein Einfluss Ferdinand Hodlers. Bereits parallel dazu kommt in den Gemälden Koligs und Wiegeles aber der Farbe und einer durch sie determinierten Formensprache eine immer größere Bedeutung zu.
Schon 1911 trennten sich die Wege von Arnold Clementschitsch und der Künstler des Nötscher Kreises wieder. Ersterer verließ Wien in Richtung München, wo er bei Angelo Jank an der Königlichen Akademie der Bildenden Künste seine Ausbildung fortsetzte und nebenbei Kurse an der Privatschule für Illustration und Buchgewerbe von Emil Preetorius und Paul Renner besuchte. Richtungsweisend für Clementschitsch waren jedoch die Bekanntschaft mit dem Kunsttheoretiker Gustav Britsch, dessen Diskurse und Kunsttheorie den Kärntner nachhaltig prägten, und der Einfluss der avantgardistischen Strömung des „Blauen Reiters“. Währenddessen erhielten Franz Wiegele und Anton Kolig auf Vermittlung von Carl Moll und Gustav Klimt ein Reisestipendium nach Frankreich, das sie 1912 nach Paris führte.
Als Arnold Clementschitsch 1918 wieder nach Kärnten zurückkehrte, lebte er anfangs auf der Rauterhube, einem ländlichen Grundbesitz seiner Mutter in Annenheim, bis er 1923 nach Villach übersiedelte, danach lebte er fortan in Kärnten und Wien. Der Maler verarbeitete in den Jahren nach dem 1. Weltkrieg seine in München gewonnenen Eindrücke und Erkenntnisse und setzte diese in seinen charakteristischen Straßenbildern souverän und eigenständig um. Darüber hinaus fand Clementschitsch 1924 in Herbert Boeckl einen wichtigen, impulsgebenden Freund. Zusammen mit ihm und den Künstlerkollegen Felix Esterl, Willibald Zunk, Maximilian Florian und Reinhold Krassnig bildete Clementschitsch einen Kreis, der sich regelmäßig zum Gedankenaustausch im Café von Alfons Schiberth in Klagenfurt traf.
Mit Kriegsende kam auch Anton Kolig nach Nötsch zurück und versuchte seine Vorstellungen eines privaten Kunstunterrichts im Gailtal zu realisieren, während Franz Wiegele auf Anraten seiner Familie in Zürich blieb, von wo er erst 1927 dauerhaft nach Nötsch heimkehrte. Schließlich trat Kolig 1928 eine Professur an der Württembergischen Kunstakademie in Stuttgart an. Unter seinen Studenten befand sich der 1902 in Neuhausen bei Stuttgart geborene Anton Mahringer, der erstmals im Zuge einer Sommerexkursion mit seinem Lehrer nach Kärnten kam. Das Erlebnis der Gailtaler Landschaft beeindruckte Mahringer so tief, dass er sich 1931 entschloss, ganz nach Kärnten zu übersiedeln, wo er zuerst in Labientschach und danach in St. Georgen oberhalb von Nötsch wohnte. Hier perfektionierte er auch seine prägnante Form der Reduktion und des Freilassens, die ihn in seinem Spätwerk sehr nahe an die Gegenstandslosigkeit heranbrachte, ohne dabei jedoch völlig in der Abstraktion zu enden und auf die Erkennbarkeit der Naturmotive zu verzichten. Ähnlich wie Clementschitsch fand er anhand der Landschaftsmotive seiner unmittelbaren Umgebung, die er immer wieder zu den verschiedenen Tages- und Jahreszeiten studierte, seine eigenständige Ausdrucksweise.
Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass trotz vieler Parallelen in ihren Lebensläufen und der geografischen Nähe ihrer Lebensmittelpunkte Arnold Clementschitsch und die Künstler des Nötscher Kreises künstlerisch individuelle Wege beschritten und ihre souveränen, stilistischen Gestaltungsmittel entwickelten.
Kuratorin der Ausstellung: Sigrid Diewald