Anton KOLIG, Franz WIEGELE, Anton MAHRINGER
Ausstellung im Museum des Nötscher Kreises
vom 7. April bis 27. Oktober 2019
“Nur wer umherschweift, findet neue Wege.” (Norwegisches Sprichwort)
Im Fokus der heurigen Ausstellung stehen erstmals die rege Reisetätigkeit und die zahlreichen Auslandsaufenthalte von Anton Kolig (1886–1950), Franz Wiegele (1887–1944) und Anton Mahringer (1902–1974). Obwohl diese Künstler das Gailtal zu ihrem Lebens- und Arbeitsmittelpunkt gewählt hatten, machten sie sich wiederholt auf den Weg in die Ferne, um aus ihren gewohnten Sichtweisen auszubrechen und neue Anregungen aufzunehmen. Dadurch kamen wiederrum vielfältige Impulse von auswärts nach Nötsch. Die verschiedenartigen Eindrücke und gewonnenen Erfahrungen aus der Fremde förderten die Entwicklung innovativer künstlerischer Lösungen, welche die Malerei des Nötscher Kreises schließlich von überregionaler Bedeutung werden ließ. Mit ausgesuchten Werken, die während Koligs, Wiegeles und Mahringers Reisen entstanden sind, sollen nun jene Einflüsse und Auswirkungen auf ihre künstlerische Arbeit sichtbar gemacht werden, die auf fremde Anstöße und Erfahrungen im Ausland zurückzuführen sind. Ergänzende zeitgenössische Fotografien vermitteln darüber hinaus einen lebendigen Eindruck ihrer unterschiedlichen Destinationen und Reiseumstände.
Raum 1
Carl Moll ermöglichte Anton Kolig und Franz Wiegele mit Unterstützung der Kathi-Fröhlich-Stiftung und privater Mäzene ein Reisestipendium nach Frankreich. So brachen die beiden Künstler, begleitet von Koligs hochschwangerer Frau Katharina und dem einjährigen Sohn Thaddäus Anfang November 1912 nach Paris auf. Kurz nach ihrer Ankunft kam bereits Tochter Marie-Antoinette zur Welt. Zu Beginn ihres Aufenthaltes besuchten sie regelmäßig den Louvre und studierten eingehend die alten Meister. Besonders für Wiegele war diese intensive Auseinandersetzung mit historischer Kunst von großer Bedeutung und maßgeblich für seine Einstellung zur Wirklichkeit und ihrer farbigen Repräsentation. Die leicht gedrehte Körperhaltung und die dunkle Farbgebung in Wiegeles Porträt der schwedischen Malerin Ella Wanner wäre beispielsweise ein denkbarer Einfluss des Studiums von Bildern des Manierismus im Louvre. Eine Fahrt zu Grünewalds Isenheimer Altar in Colmar und weiter nach Holland vertieften 1913 die bereits in Paris gewonnenen Erfahrungen. Außerdem unternahmen Wiegele und Kolig mit seiner Familie im Juli desselben Jahres einen mehrwöchigen Ausflug nach Ambleteuse bei Boulogne-sur-Mer, einem kleinen Fischerdorf an der Küste zum Ärmelkanal gelegen. Obwohl sich die beiden Künstler gründlich mit den alten Meistern auseinandersetzten, beschäftigten sie sich darüber hinaus auch mit der impressionistischen und zeitgenössischen französischen Malerei, welche sie in erster Linie in den bekannten Verkaufsgalerien in Paris vorfanden. Die Rezeption der Errungenschaften Paul Cézannes sind zum Beispiel in Koligs „Stilleben mit Schildkröte“ evident.
Im Mai 1914 trennten sich die Wege von Franz Wiegele und Anton Kolig. Die Familie Kolig fuhr nach Südfrankreich, wo sie in Cassis bei Marseille in der Villa Marguerite wohnte. Schließlich mussten sie vom Ausbruch des 1. Weltkrieges überrascht, unter Zurücklassung der meisten dort entstandenen Bilder, fluchtartig das Land verlassen und gelangten auf abenteuerliche Weise mit dem Schiff nach Genua und über Venedig wieder nach Nötsch.
Unterdessen war Wiegele von Frankreich nach Nordafrika gereist, wo er Algerien und Marokko besuchte. Das persönliche Kennenlernen der exotischen Atmosphäre orientalischer Kulturen gehörte zu jener Zeit bei Malern fast zum Programm künstlerischer Fortbildungsmöglichkeiten und genoss eine große Anziehungskraft. Wiegeles Stützpunk dürfte Tlemcen in Algerien, einem südlich von Oran gelegenes Handelszentrum gewesen sein, von wo aus er Erkundungsreisen ins Landesinnere, teilweise in Begleitung des deutschen Malers Max Burchartz und dessen Gattin Gertrud unternommen hatte. Das Erlebnis Nordafrika intensivierte Wiegeles Konzentration auf die vom Licht geprägten Möglichkeiten farblichen Ausdrucks.
Raum 2
Nachdem Franz Wiegele vom Ausbruch des 1. Weltkrieges in Algerien überrascht wurde, inhaftierte man den Künstler in Sebdou bei Tlemcen. Da er sich jedoch ein schweres Lungenleiden zugezogen hatte, verlegte man ihn nach Mitte Mai 1916 in ein Internierungslager auf der Insel Ste.- Marguérite bei Cannes. Von dort aus gelangte er auf Vermittlung des österreichischen Gesandten in Zürich als Austauschgefangener Ende desselben Jahres zur Genesung in das Sanatorium Lenzerheide bei Chur. Anschließend begab er sich im Mai 1917 nach Zürich, wo er anfangs die in Algerien erworbenen Eindrücke bildlich verarbeitete. Bald schon knüpfte er vielversprechende gesellschaftliche Kontakte und verkehrte in Kreisen, die ihm neben Beziehungen zu Künstlerkollegen und Literaten auch einen Zugang zu bekannten Schweizer Sammlern gewährten. Daraus ergab sich in der Folge eine Reihe von Porträtaufträgen, wie zum Beispiel für die Familie Rhonheimer, mit der Wiegele freundschaftlich verbunden war und ihr auch seinen Schwager Anton Kolig als Maler empfahl. Wiegele hat in seiner Schweizer Zeit die Errungenschaften seines Frankreich- und Algerienaufenthaltes in eine eigenständige, persönliche Ausdrucksweise umgesetzt.
1928 trat Anton Kolig eine Professur an der Württembergischen Kunstakademie in Stuttgart an, wo er weiter versuchte, seine bereits in Nötsch entwickelten Werkstattideen effizienter umzusetzen. Sein besonderes Anliegen bestand darin, seine Studenten in die Praxis seiner eigenen Arbeit zu integrieren, indem er sie zu kollektiven Ausführungen und größeren öffentlichen Aufträgen heranzog. Diese Vorstellungen ließ Kolig schließlich auch in sein Gemälde „Die Werkstatt des Malers“ aus der Zeit um 1933 einfließen, für dessen Realisierung er zahlreiche Einzelstudien anfertigte, wie beispielsweise die „Ringenden“ oder den „Jüngling mit rotem Mantel“.
Raum 3 und 4
Anton Mahringer gehörte zu Koligs Schülern in Stuttgart und beschloss nach einem Studienaufenthalt in Rom im Sommer 1931, nicht mehr an die Akademie zurückzukehren, sondern sich im Gailtal niederzulassen, dessen Landschaft in der Folge zur wesentlichsten Quelle seiner schöpferischen Arbeit werden sollte. Trotzdem unternahm Mahringer aber regelmäßig bis zu seinem Lebensende vielfach Reisen in ferne Länder und bereicherte durch diese neuartigen Eindrücke sein Œuvre entscheidend. Bereits im Frühjahr 1934 erfolgte eine fünfmonatige Reise nach Dalmatien. Zusammen mit dem befreundeten Maler Hans Gassebner mietete sich das Ehepaar Mahringer in Dubrovnik ein Haus. Das südliche Licht übte grundsätzlich immer wieder eine besondere Faszination auf den Künstler aus und führte Mahringer in Länder wie Italien, Frankreich, die Türkei, Jordanien, den Libanon oder nach Spanien.
Kuratorin der Ausstellung: Sigrid Diewald